Vor Gott sind alle Menschen gleich – Beiträge zu einer rassismuskritischen Religionspädagogik

Aus dem Vorwort

Warum stammen alle Menschen von Adam und Eva ab? Damit sich keine:r über den/die andere:n erhebe. So lautet die rabbinische Antwort. Diese so einfache Wahrheit lebt sich schwer. Auch für Christenmenschen – obwohl sie am Beginn unserer Heiligen Schrift steht. Rassismus wird vielfach in der gesellschaftlichen Debatte als Problem des sogenannten rechten Randes begriffen. Aktuelle Forschungen und die derzeitige gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zeigen aber, dass Rassismus als Realität der sogenannten Mitte der Gesellschaft und auch und besonders der Kirchenmitglieder wahrgenommen und bearbeitet werden muss. Rassistisches Handeln ist eingebunden in historisch gewachsene, gesellschaftliche Gewaltverhältnisse und geschieht oft unbewusst. Die übergeordnete Aufgabe für rassismuskritische Religionspädagogik ist daher, Rassismus soweit wie möglich bewusst werden zu lassen. Das Ziel solcher pädagogischer Praxis ist es, diskriminierende Strukturen zu bearbeiten in der Hoffnung, das Unsere dazu tun zu können, dem Reich Gottes zur Welt zu verhelfen.

Wir müssen etwas tun

Dieser Aufruf stand am Anfang eines Kooperationsprojektes zwischen der württembergischen Landeskirche, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus. Dem rechten Spektrum zuzuordnende Aussagen in Gemeinden wären keine Seltenheit und Bildungsarbeit sei dringend nötig. In einem Zeitraum von zwei Jahren sollten Bildungsmodule für die kirchliche Jugendarbeit gegen Menschenfeindlichkeit entwickelt werden. Auf dem Weg der Realisierung taten sich nicht nur Hürden auf, was die gemeindliche Bereitschaft betraf, Themen wie Antisemitismus und Rassismus überhaupt zu bearbeiten. Überraschend war auch und gerade die weitgehende Leere in der religionspädagogischen Literatur und Forschung zu Themen, wie Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus. Insgesamt werden innerhalb kirchlicher Strukturen menschenfeindliche Einstellungen bislang nur wenig thematisiert.

Als weiße Christ:innen haben wir die Wahl, uns mit Rassismus auseinanderzusetzen. Wir sind nicht dazu gezwungen, weil wir nicht davon betroffen scheinen. Ein wichtiges Ziel rassismuskritischer Bildungsarbeit ist aus der Perspektive der nachstehenden Texte, die Einsicht zu stärken, dass wir alle von Rassismus betroffen sind. Rassismus verletzt uns alle. Aus theologischer Perspektive ist Rassismus Sünde, die alle von Gott geschaffenen Menschen (sowohl die von Rassismus Betroffenen als auch die von Rassismus Profitierenden) und schließlich Gott selbst verletzt.

Die vorliegende Handreichung ist das Ergebnis einer Tagung mit dem Titel „Vor Gott sind alle Menschen gleich – Rassismus als Thema der Religionspädagogik“, die vom 20. bis 22. November 2015 in der Woltersburger Mühle in Uelzen unter Federführung der Evangelischen Akademie Berlin und der BAG K+R in Kooperation mit dem Comenius- Institut und dem Kirchenkreis Berlin-Mitte stattfand. Ihr voraus gingen eine Tagung in Berlin („Rassisten sind immer die Anderen“) und Workshops mit regionalen Schwerpunkten in Ulm und Berlin, in denen in verschiedenen Konstellationen die kirchliche Bearbeitung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Mittelpunkt stand. Hier präsentiert werden Vorträge, Workshopergebnisse und methodische Ansätze.

Hier geht’s zur pdf-Datei der Broschüre