White Saviorism Teil 1

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Weiße Retter*innen? Selbstkritisches Nachdenken auf dem Weg zu einer antirassistischen Kirche

Teil 1:  Einstieg ins Thema

Sei ehrlich: An was denkst Du, wenn ich Ruanda, Tansania oder Indonesien sage?

Denkst Du an Armut, Völkermord und Hunger oder islamischen Terrorismus?

Oder sind es Dinge wie „ultraschnelles Internet“ oder „boomende Metropole mit einem ÖPNV, der den täglichen Verkehrskollaps auf vielen Routen in den Griff bekommt“  oder denkst Du sogar an die aufregende kulturelle Szene in in Yogyakarta?

Die medial transportierten Bilder suggerieren ganz oft Ersteres. Die Geschichten die uns erzählt werden, handeln von Kinderarmut, dramatische Szenen aus Krieg und Vertreibung werden gezeigt. Es sind Bilder einer armen und anderen Welt. Sie drücken auf die Tränendrüsen und zeichnen eine heruntergekommene Welt, die eben nicht Europa oder Deutschland ist. Schlimmer – und das wird damit gefördert, sie suggerieren, dass es ohne uns Menschen aus dem Westen nicht geht. Oder noch schlimmer: Dass diese Länder ohne uns Menschen aus dem Westen zugrunde gehen.

Zu jeder Jahreszeit, nicht nur an Weihnachten entdeckt man Plakate von „Hilfsorganisationen“ die genau dieses Bild zeichnen.

  • Einladung: Wenn du magst, dann achte bewusst auf Plakate von NGOs! Mach einen Spaziergang und schau mal genau hin.

Viele dieser Plakate bedienen Stereotype, mit denen sich gut Spendengelder generieren lassen und verstärken die westliche Überzeugung, dass es ohne den Westen nicht geht. Stereotypen sind per Definition formelhaft und klischeebehaftete Wiederholungen von Aussagen.

Wir in der Mission, in der Kirche, haben diese Tradition schon vor der Kolonialzeit in Afrika und Asien begonnen. Denn wir haben schon früh Menschen zu den „Heiden“ geschickt, das Evangelium gelehrt, Krankenhäuser gebaut, diakonische Einrichtungen errichtet und zugleich damit die westliche Kultur etabliert und exportiert. Aus „gut gemeint“ und dem Drang, zu helfen und Gutes zu tun, wurde aber dann eben auch ein Ungleichgewicht in der Beziehung zueinander und ein Kulturexport gepaart mit dem Eindruck: Ohne uns (im Westen) geht es nicht.

Wir die Gebenden, dort die Nehmenden. Oder aus Perspektive der Menschen denen die Mission zuteilwurde:  

Dort die Gebenden, wir die Nehmenden

Gleichzeitig musste für die Mission das Geld fließen und dafür wurde die einseitige Bedürftigkeit in den Mittelpunkt gestellt. In unseren eigenen Archiven befinden sich gestellte Filme aus den 1920ern, die das Dorfleben in „Afrika“ zeigen, – sehr europäisiert und voller Klischees. Diese Filme wurden in Deutschland gezeigt, um für Einnahmen für die Mission zu werben. Ich erwähne das, um deutlich zu machen, dass diese Sichtweise auf die Welt, eine lange Tradition hat und sich tief in unser gesellschaftliches Verständnis einprogrammiert hat.

Dieser rote Faden hat es in die heutige Zeit geschafft. Vor allem in Zeiten von Instagram und Co. werden diese Stereotype vom „armen Afrika“ und dem „weißen Helden“ immer wieder bedient. Wohlgemerkt: Die Menschen haben dabei oft Gutes im Sinn.

Die Autorin Fabienne Sand schreibt in ihrem sehr lesenswerten Artikel „Der Globale Süden ist keine Instagram-Kulisse“ am 6. Juni 2019: „Es fängt an mit „Entwicklungshilfe“, die den Erhalt vieler Staaten verhindert und an neokolonialen Strukturen festhält. […] White Saviorism endet mit dem guten Gefühl im Supermarkt, wenn man sich für den Bohnenkaffee mit dem Foto des äthiopischen Bauern entschieden hat und damit 0,001 Cent spendet. Der weiße Rettungsinstinkt gegenüber nicht-weißen Nationen erhält den Glauben aufrecht, dass es Weiße braucht, um etwas „bei denen“ besser zu machen. Er ist das Resultat einer Weltgesellschaft, welche sich auf den Grundsteinen kolonialer Gefüge errichtet hat…“

  • Link: Den ganzen Artikel findet Ihr hier: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1120338.supernova-der-globale-sueden-ist-keine-instagram-kulisse.html

Fortsetzung folgt: Fundraising im kirchlichen Umfeld:

von Timo Pauler