Als Immigrant*in in einer deutschen Kirchengemeinde

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Wie geht es Menschen, die als Immigrant*innen nach Deutschland kommen und hier eine Kirchengemeinde suchen? Wir haben zwei Menschen nach ihren Erfahrungen gefragt.

Anonym: Wir waren nicht willkommen

Wir kommen ursprünglich aus Nigeria und haben zuerst in der Ukraine gelebt. Dort gehörten wir zu einer ukrainischen Baptistengemeinde. Mein Mann war dort Mitglied des Pastoralteams. Es war eine Kirche mit offenen Armen.

Als wir dann aus der Ukraine nach Deutschland kamen, haben wir einen Ort gesucht, wo wir zum Gottesdienst gehen können. Wir fanden einige deutsche Gemeinden, aber das Problem war, dass wir kein Deutsch können. Außerdem wurden wir nicht sehr freundlich empfangen. So sind wir am Ende in einer afrikanischen Kirche gelandet.

In der afrikanischen Kirche sind Neuankömmlinge willkommen, auch wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen. Zumindest haben wir Englisch als die gemeinsame Sprache einiger afrikanischer Länder. Diese Kirche hat Mitglieder, die alle möglichen afrikanischen Sprachen sprechen, aber sie hat das Ziel, die Einheit im Glauben zu leben. Sie ist fast wie eine Familie.

Hier kann ich ganz frei meinen Glauben leben, anders als in der deutschen Kirche, wo sich niemand für dich interessiert. Das ist meine Erfahrung.

Eka Ginting: Ich habe eine großartige Gemeinde gefunden

Als ich nach Deutschland kam, wollte ich schnell eine Kirchengemeinde finden. Am Anfang war ich einsam, weil meine Familie noch in Indonesien war. Mir war eine Gemeinde auch wichtig, um meinen Glauben zu bewahren. Ich habe schnell ganz unterschiedliche Gemeinden gefunden: Eine indonesische Gemeinde, deutschsprachige Gemeinden, und eine internationale Kirche, in der Englisch gesprochen wurde. Weil ich mich mit der deutschen Sprache und Kultur noch gar nicht auskannte, habe ich mich dann der indonesischen Gemeinde angeschlossen. Es dauerte gar nicht lange, und ich habe auch Verantwortung für Aktivitäten übernommen.

Aber wir kennen alle die Zukunft nicht. Corona kam. Ich wurde arbeitslos und zog in eine neue Stadt um. Ich hatte Deutsch gelernt und wollte meine Sprachkenntnisse noch verbessern. In der neuen Stadt fand ich neue Freund*innen, und ich fand eine deutsche Gemeinde, auf die ich mich einlassen wollte.

Die Fehlwahrnehmung über die Deutschen

Ich bin (wie die meisten Menschen aus Indonesien) eher introvertiert, und wir haben das Vorurteil, dass die Deutschen steif und unfreundlich seien. Mit ihnen in Kontakt zu kommen, braucht viel Talent und Mut. Man braucht nicht nur Kommunikationsfähigkeiten, sondern man muss auch eine Möglichkeit finden, in ihren Kreis hineinzuspringen.

Gott hat mir da einen Weg eröffnet, durch eine neue Freundin, die schon lange in Deutschland lebte und mit einem Deutschen verheiratet ist. Sie lud mich in ihre deutsche Gemeinde ein. Und das waren überraschenderweise sehr nette und warme Menschen; die meisten von ihnen waren schon Senioren und über 70 Jahre alt. Aber sie waren wirklich komplett anders, als ich erwartet hatte!

Hilfsbereitschaft

Nach einiger Zeit brauchte ich eine neue Wohnung. Ich suchte sechs Monate lang ohne Erfolg. Schließlich bat ich einige Menschen in der Gemeinde um Unterstützung, und durch eine von ihnen habe ich meine jetzige Wohnung gefunden. Die Gemeindemitglieder haben mir auch viel geschenkt, vor allem Dinge für die Wohnung. Mir wurden ein Sofa, Regale, Betten, Lampen, Küchengeräte wie Wasserkocher und eine Kaffeemaschine und sogar Hilfe beim Umzug angeboten! Ich war so überrascht und dankbar, dass sie mich, als neu angekommene Ausländerin, nicht nur herzlich aufnahmen, sondern mich auch so tatkräftig mit dem unterstützten, was ich dringend brauchte. Später habe ich gehört, dass diese Gemeinde auch anderen Menschen so geholfen hat wie mir. Die Gemeinde sammelt auch Spenden für internationale Missionsarbeit, und sie haben eine Gruppe aufgebaut, die mit Menschen spazieren geht, ihnen zuhört und ihnen hilft, ihre Probleme zu bewältigen.

Ein talentierter Pfarrer

In Indonesien schaut man zum Pfarrer aus wie zu einem Bürgermeister; man kann mit ihm nicht einfach wie mit einem Kumpel reden. Aber der Pfarrer in meiner Gemeinde ist ganz anders. Er hält keinen Abstand zwischen sich und den Gemeindemitgliedern. Seine Predigten sind reich und klug. Ich lerne viel davon, wie er die Bibel auslegt. Außerdem kann er Musik machen, Klavier spielen und Singen. Er bat meine Frau und mich, in Gemeindeveranstaltungen Gitarre zu spielen und zu singen. So fühle ich mich wirklich aufgenommen in diese Gemeinde, auch wenn ich eine andere Hautfarbe habe.

Kleine, aber großartige Gemeinde

Meine Gemeinde ist klein und liegt in einer Kleinstadt in der Nähe von Bremen. Der Gottesdienst am Sonntag läuft ohne laute Musik, HipHop, oder Diskolampe. Aber er wird so gestaltet, dass man sich dort wohlfühlt. Die Gastfreundschaft und die familiäre Stimmung lassen mich alles andere vergessen. Vielleicht finden manche diese Gemeinde altmodisch, aber für mich ist sie die beste. Ich danke Gott, der mich in diese schöne Gemeinde gepflanzt hat.