Die Zeit wird kommen

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Bibelarbeit von Hadija Haruna-Oelker

Hadija Haruna-Oelker ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin, Autorin und Moderatorin. Sie schreibt u.a. eine monatliche Kolumne für die Frankfurter Rundschau und arbeitet u.a. für den Hessischen Rundfunk. Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag war sie bereits öfter als Reporterin, aber nun stand sie dort auch erstmals und gleich zweimal auf der Bühne. Sie moderierte das Hauptpodium zu „Rassismus und kolonialem Erbe“ und hielt auf Einladung von Sarah Vecera eine Bibelarbeit unter der Überschrift „Die Zeit wird kommen“ angelehnt an den vorgegebenen Bibeltext aus Lukas 17,20-25. Auf dem Kirchentag halten auch Menschen anderer Religionen und auch Konfessionslose (wie Hadija Haruna-Oelker) Bibelarbeiten und auch wir glauben, dass der außerkirchliche Blick uns alle bereichern kann. So gestaltete Hadija Haruna-Oelker ihre Bibelarbeit gemeinsam mit der Musikerin Judy Bailey und brachte Gedanken aus ihrem Buch „Die Schönheit der Differenz“ zu dem Bibelvers aus dem Lukasevangelium zu Gerechtigkeit zusammen. Wir freuen uns, diese Bibelarbeit hier mit euch teilen zu dürfen.

„Gottes gerechte Welt kommt nicht so, dass man zuschauen könnte. Die Leute werden auch nicht rufen: ‚Hier ist sie!‘ oder: ‚Da ist sie!‘

Aber wann kommt sie: Die Gerechtigkeit für alle? Was bedeutet Gerechtigkeit? Mir fällt dazu die Geschichte des indischen Philosophen Amartya Sen ein, in der drei Kinder darüber streiten, wem von ihnen eine Flöte gehören soll. Das erste Kind hat Musikunterricht und kann als einziges Flöte spielen. Das zweite ist arm und besitzt kein anderes Spielzeug. Das dritte Kind hat die Flöte mit viel Ausdauer angefertigt. Wem gehört sie also?

Mit diesem Gleichnis eröffnet Sen seine Idee der Gerechtigkeit. Die sich nicht an einer perfekten Gesellschaft orientiert, sondern daran interessiert ist wie sich Ungerechtigkeit überwinden lässt.

Wie also kommt die gerechte Welt? Kommt sie überhaupt? Ob es sie geben wird, bleibt unklar, weil jeder von uns dafür mit verantwortlich ist. Und dieser Zweifel lässt sich auch aus dem Bibelvers herauslesen. Gleichzeitig bejaht er positiv die eigene Kraft, mit der wir Dinge verändern können, auch wenn die äußeren Umstände schwierig sind.

Meine Mutter hat einmal zu mir gesagt, dass ich einen unglaublichen Gerechtigkeitssinn hätte, und ich weiß, dass ich ihn von ihr habe, weil der Wunsch nach Selbstreflexion und innerer wie äußerer Veränderung unser beider Leben bestimmt. Deshalb versuche ich zu verstehen, warum Menschen in Gruppen eingeteilt und darin auf und abgewertet werden. Auch hier auf dem Kirchentag sind Sie eine Gruppe: Die der Gläubigen und jeder für sich sind Sie doch so verschieden in ihrem Mensch sein.

Wir sind unterschiedlich auf sichtbare und unsichtbare Weise. Und wir reagieren damit unterschiedlich aufeinander. Deshalb ist es wichtig, dass wir mehr über unsere Differenz erfahren. Über unsere Identitäten. Doch leider wird in Deutschland nicht gut über sie gesprochen. Ein vermeintlicher Kampf darüber ausgetragen.

Aber lassen sie uns von oben drauf schauen. Denn das hilft die Argumente und Anliegen derer besser zu verstehen, die ungerecht behandelt werden. Weil das am Ende nämlich nichts mit theoretischen Debatten zu tun hat, sondern mit den realen Erfahrungen von echten Menschen, denen es um etwas geht.

Für mich bedeutet Differenz nicht, anders zu sein, sondern sie ist eine alltägliche und schöne Erfahrung im Miteinander. Differenz ist meine Normalität, weil mein Umfeld sie mir zeigt. Weil ich mich bestärkt und emanzipiert habe. Wer auf meine Party kommt – kann sehen wie Differenz zusammen feiert. Und dieses Erfahrung hat mich mich sicherlich auch hierher geführt.

Wie nehmen Sie die Menschen in ihrem nahen und fernen Umfeld wahr? Wie sortieren Sie Menschen und warum tun Sie das? Wer fehlt vielleicht – auch hier in diesen Räumen? Wer ist dabei und fühlt sich eingeladen, an den Orten, in den Blasen, in denen Sie leben?

Würde es etwas ändern, wenn wir die Antworten darauf in unserem alltäglichen Miteinander bedenken würden? Wenn wir über unsere  Merkmale, die Erfahrungen, Bedürfnisse und Wünsche der anderen besser Bescheid wüssten? Ich denke schon.

Es würde etwas in unseren Beziehungen verändern, wenn wir kurz abwarten und uns fragen, wer steht da vor mir, kann ich dessen Geschichte wirklich so schnell erfassen und bewerten, wie ich es gerade tue, oder sollte ich nicht erst einmal zuhören, mich vergewissern?

Wie schön wäre es, wenn mehr Menschen verstehen würden, dass die Bedürfnisse anderer das eigene Dasein nicht in Gefahr bringt. Wenn wir eine Sprache fänden, die ein Gegenüber nicht verletzt. Denn in unseren Worten spiegelt sich so viel von der Geschichte, die wir noch nicht verarbeitet haben. Sie hat auch mit Gewalt zu tun. Damit dass Menschen ausgelöscht wurden wegen ihrer Unterschiede.

Seit Jahrzehnten suchen und fordern deshalb eine Vielzahl von Menschen und zivilgesellschaftliche Organisationen Bedingungen für eine Welt, „in der wir alle atmen können“. Es ist ein ein theoretisches Verstehen, dass das Atmen derer beschreibt, die Ungerechtigkeit erfahren. Es geht um ein umkämpftes Atmen. Das Ringen danach. Das Nach-Luft-Schnappen, Kurzatmigkeit, manchmal Panikattacke – beispielsweise wenn Menschen rassistische Gewalt erfahren.

Von den urbanen Zentren bis zu den Außengrenzen, dem Mittelmeerraum zwischen Afrika und Europa, sind die Geschichten versklavter Menschen und ihr Sterben heute verknüpft. Schwarze Körper sind durch den Ertrinkungstod mit dem Aussetzen des Atmens verbunden. Ihre Fluchtbewegungen gelten vielen als ein politisches und moralisches Problem, als Krise der Demokratie. Es geht politisch gesehen um Abwehrpolitik und darum wie Menschen kriminalisiert werden. Und menschlich? Geht es um ihre Erfahrungen, Kämpfe und Visionen. Ihre Träume.

Es gibt viele Menschen, denen die Luft wegbleibt, wenn sie versuchen, für Gerechtigkeit einzustehen und stattdessen gesellschaftliche Stille erfahren. Gleichzeitig kann das Atmen ein Werkzeug sein. Denn es braucht einen langen Atem für den Weg des Widerstandes.

Also atmen wir!

Denn eine gerechte Welt kommt nicht einfach so, dass man zuschauen könnte.

Um eine gerechtere Welt zu bauen, braucht es auch eine Vorstellung davon, wie sie aussehen sollte. Lassen sie uns also die Gerechtigkeitsbestrebungen so vieler Menschen als Aufforderung verstehen, nach neuen Wegen zu suchen. Denn: Jetzt ist die Zeit. In Zeiten der Krise unserer Gemeinschaft braucht es ein Verständnis, bei dem kein Mensch, aber auch die Umwelt nicht ausgeschlossen werden. Wenn wir die Klimakrise nicht ernst nehmen und Strukturen, die Menschen ausbeuten, wird das unsere Lebensweise zerstören. Es wird weniger Orte geben, an denen Menschen leben können.

Die Zeit wird kommen

Wer will kein Zuhause haben, in dem es sich gut und gerne, aber vor allem sicher leben lässt?

Es gibt vieles, was in dieser Welt zusammenhängt. Es passiert alles gleichzeitig. Und wir sind viele Generationen mit all unseren Unterschieden und Sprachen, die eine Gesellschaft, in der alle atmen können miteinander verhandeln muss. Es ist eine gemeinsame Aufgabe. Sie entwickelt sich aus einer persönlichen Entscheidung heraus. Entscheiden Sie. Der Weg dorthin kann nur freiwillig passieren. Und die Frage dabei ist, was uns Menschen in all ihrer Differenz wert sind.

Denn hier, Gottes gerechte Welt ist schon da, indem ihr zusammen seid.“

In Leichter Sprache: Das Reich von Gott ist anders. Das Reich von Gott ist in eurer Mitte.

Wer ist diese Mitte? Denn von ihr wird im politischen Sinne viel gesprochen. Von der so genannten Mitte der Gesellschaft, die uns in die eine oder andere Richtung lenkt, weil ihr eine Mehrheit zugeschrieben wird. Wie steht es um sie?

Seit 2010 analysiere ich gesellschaftlichen Geschehnisse. Und es gibt eine Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, die damals einen erneuten Anstieg von Islamfeindlichkeit und Antisemitismus feststellte. Zwei Jahre später, 2013 gründete sich die AfD und zwei Jahre später, 2015 bildeten sich mit der großen Aufnahme geflüchteter Menschen Lager: Optimistinnen, Hasser, Skeptiker*innen. Wir schaffen das! Schaffen wir das wirklich?

Wir leben schon lange in Zeiten, in der Krisen auf Krisen folgen. Wirtschafts- und Finanzkrise, die so genannte »Flüchtlingskrise«. Die Corona-Krise, der  Ukrainekrieg, die Energiekrise und die des Klimas. Und immer wieder gab und gibt es Menschen, die die Zustände der Krise für ihre Zwecke zu nutzen wissen.

„Die Leute werden zu euch sagen: Hier ist er. Oder: Das ist er, Geht nicht hin und lauft keinem hinterher.“

Wir verlieren, wenn zu viele Menschen andere Menschen als „Sündenböcke“ der Krise abwerten. Die Mitte ist daran beteiligt – nicht nur die politischen Ränder. Nicht ohne Grund titelte die Mitte-Studie von 2019 mit »Verlorene Mitte, feindselige Zustände«. Sie beschrieb darin ein Deutschland in Unruhe, Hass, Abschottung und Gewalt, Und dem gegenüber: zivilgesellschaftlichen Engagement.

Es gilt also die Waage zu halten. Schaffen wir das? Auch diese Skepsis lässt sich mit dem Bibelvers verbinden. Die rassistisch und antisemitisch motivierten Anschläge von Halle und Hanau 2019 und 2020 zeigen die Kontinuität der Gewalt in unserer Geschichte. Ein Jahr später titelte die Mitte-Studie mit »Geforderte Mitte«, weil ihr Rechtsextremismus, Populismus und Rassismus inzwischen so zusetzen würden und sie selten so gefordert gewesen sei wie jetzt.

Es sei gefährlich, weil eine »teils/teils«-Stimmung herrsche. Das heißt, dass offen rechtsextreme Einstellungen zwar weniger verbreitet sind, aber sich viele Menschen nicht mehr klar von Menschenfeindlichkeiten abgrenzen. Und wir sehen es ja an einer aktuellen Forsa-Studie: Wäre am Sonntag Bundestagswahl, dann würde die AfD 19 Prozent der Stimmen erhalten. Es sind zehn Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Ja, vielleicht ist die Gefahr weniger greifbar, aber sie ist da und für Betroffene – gibt es keinen Teils/teils-Rassismus.

Wer kann diese Tatsachen ausblenden? Wer das kann – hat den Vorteil. Ein Privileg. Ich kann es nicht.

Wer also zeigt Einsatz und Haltung, bezieht Stellung, um unsere Demokratie zu stärken. Denn Letztere ist in Gefahr, wenn sich mehr Menschen von ihre abwenden und Verschwörungen, Medien- und Elitenschelte, Anti-Klimathemen und Strömungen gegen Gender-Sensibilität zuwenden. Vor diesem Problem stehen wir gemeinsam. Es ist eines, das wächst, wenn nicht mehr Menschen in Bewegung kommen, um Bündnisse zu schließen für ein sicheres Leben, von dem wir alle profitieren.

Die Philosophin Eva von Redecker beschrieb einmal die Scham als revolutionär. Revolutionär wäre, wenn die Mitte, nicht mehr aus Scham schweigen würde. „Geht nicht hin und lauft keinem hinterher.“

Dass Gottes gerechte Welt schon da ist, indem wir einfach nur zusammen sind, genügt also nicht.

Keine Sicherheit. Keine Gewissheit. Verstehen wir es als Aufruf innerhalb der eigenen Reihen für Gerechtigkeit zu sorgen. Und dazu braucht es mehr Beziehung zu den Menschen, mit denen ich nicht die Arbeit, das Milieu, die soziale Orientierung, das Geschlecht oder das Aussehen teile. Es braucht den Versuch, anderen Platz zu schaffen, damit mehr Menschen dazu kommen. Gegen die Ungerechtigkeit anzugehen, heißt auch, dass jetzt erst einmal diejenigen Aussetzen, die immer dran waren. Aussetzen kostet auch Kraft. Die Kraft zu verstehen, dass der Verlust der eigenen Vorteile kein Nachteil, sondern Teil des Weges zu mehr Gerechtigkeit für alle ist. Und das zu erkennen und zu akzeptieren, ist sicher auch ein Grund, warum es so vielen so schwerfällt, ihn zu gehen.

Die Gerechtigkeit kommt nicht einfach so. Deshalb gilt es Wege zu finden, in dem alle ihr Gesicht wahren und sich dabei unterstützen könnten, sich als Gewinner der gemeinsamen Sache fühlen: Zusammen. Dafür brauchen wir mehr gemeinsame Momente, und Begegnungen. Wir brauchen bildlich gesprochen mehr Partys, in denen wir einander in guter Stimmung erleben. Es heißt, die eigene Blasen verlassen, um andere Menschen zu treffen, die sich von einem unterscheiden. Andere, als die, die man schon kennt.

Er sagte zu denen, die von ihm lernten: „Es werden Zeiten kommen, in denen ihr euch danach sehnen werdet, einen einzigen der Tage des erhofften Menschen zu sehen und ihr werdet ihn nicht sehen.

Eine gerechte Welt ist also nicht sicher. Auch ich glaube nicht, dass einmal alles einfach nur „gut“ werden wird, weil es immer Kräfte und Gegenkräfte geben wird. Es wird ein Ringen um eine gerechtere Welt bleiben. Aber: Jetzt ist die Zeit – noch Zeit zur Umkehr. Damit über Gerechtigkeit reden nicht zur Floskel verkommt. Und die Frage ist, auf welcher der Seiten Sie stehen möchten? Wofür verwenden Sie ihre Kraft? Für Menschenrechte? Wie wäre es für eine Demokratie einzustehen, in der Gerechtigkeit bedeutet, dass alle Menschen als gleichrangig angesehen werden.

In dieser Demokratie lernt eine Gesellschaft, die Rechte der Unterdrückten zu stärken. Denn Mehrheiten haben auch in einer Demokratie nicht immer recht, und Demokratiefähigkeit bemisst sich genau darin, wie sie mit den Verletzlichsten unter ihnen umgeht. Und darin, wie wehrhaft sie sich gegen antidemokratische Kräfte zeigt. Das sind die dringlichsten Fragen unserer Zeit und es lassen sich daran geschichtliche Parallelen ziehen.

Um Auschwitz zu begreifen, sollten die Täter*innen in den Mittelpunkt gerückt werden. Warum haben die Menschen damals geschwiegen? Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir in Deutschland die Vergangenheit erinnern. Es ist ein Missverständnis einfach nur zu glauben, das genug getan wurde, das alles einfach so gut werden wird. Für die jüdische Seite, aber auch all die anderen Opfer des Nationalsozialismus: für Schwarze und behinderte Menschen, Sinti:zze und Romnja kann nie wieder alles gut werden kann und diejenigen, die hätten versöhnen können sind heute tot, woran auch die Lebenden nichts mehr ändern können. Darum braucht es eine Solidarität mit den Nachkommen. Es braucht ein Verständnis von unserer Geschichte bei der egal ist, um wen es geht: Wenn am Tisch einer etwas sagt, was die Würde eines anderen verletzt, dann ist da das Versprechen, um als Gesellschaft zu heilen – verletzt. Wer keinen Einspruch übt, wer nichts tut, kann sich die Hände nicht in Unschuld waschen, wenn die Enthemmung weiter wächst.

Betrachten wir also unsere Gegenwart aus der Zukunft. Was können wir tun? Sich mit einem Rückwärts der Geschichte nicht einverstanden erklären. Erkennen, dass nur mit allen Beteiligten am Tisch es mit unserer Gesellschaft nach vorne geht. Erst dann wird niemand vergessen, weil kein Mensch alle auf dem Schirm haben kann. Nur, wenn wir un besser kennenlernen, kommen neue Ein- und Ansichten dazu. Bekommen wir neue Ideen, uns zu einigen.

Meine Gedanken dazu sind von der afrikanischen Philosophie des Ubuntu, also der der Mitmenschlichkeit geprägt. Während der französische Philosoph Descartes sagte: »Ich denke, also bin ich«, sagt Ubuntu: »Ich bin, weil wir sind.« Es steht für das Bewusstsein, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Es würde über Jahrhunderte in Form von Geschichten, Sprichwörtern und Liedern überliefert, regelte über Jahrhunderte das Zusammenleben und ließ sich auch durch den Kolonialismus nicht zerstören. Es geht um gegenseitiger Anerkennung und Achtung, ein Aussöhnen und Versöhnen, ein Weitergehen mit denen, die einen gemeinsamen Weg mit allen suchen. Es bedeutet für mich rational, aber nicht emotionslos zu sein. Der Antirassismus-Trainer, Pfarrer und mein Wegbegleiter Austen Peter Brandt hat mir Ubuntu in seiner Arbeit näher gebracht. 2010 erhielt er für sein Arbeit den Aachener Friedenspreis und 2011 das Bundesverdienstkreuz.

Das Buch „Die Schönheit der Differenz“ von Hadija Haruna-Oelker gibt es hier zu kaufen.

Noch heute analysieren Historiker*innen das Thema Vergebung als Grundlage eines friedlichen Wandels. Formulieren Menschen damit Lösungen im Umgang mit religiösen Konflikten, dem Rassismus Europas oder den Drohszenarien sich spaltender Gesellschaften. Wie wäre es, in einer Gesellschaft zu leben, in der alle Menschen selbstbestimmt leben könnten? Als die Menschen, die sie wirklich sind. Simunye – »Wir sind alle eins«, bedeutet »Einheit ist Stärke« und Aussprüche wie »eine Verletzung eines Menschen ist eine Verletzung aller« markieren das Einigungsziel zum Wohle aller.

Solidarität bedeutet, nicht im Stich gelassen zu werden. Sie kann auf gemeinsamen Interessen gründen, aber auch auf einem Gefühl der Verantwortung. Der Bereitschaft, Position für andere zu beziehen und Opfer zu bringen. Es wäre schön, wenn mehr Menschen die innere Sehnsucht nach einer gerechteren Gesellschaft entwickelten, in der wir alle etwas miteinander anfangen könnten und ein Verständnis füreinander haben, das es gut mit dem anderen meint. Sich verbinden und verbünden. Einander unterstützend begegnen nicht als wohlständiger oder barmherziger Akt, sondern als gemeinsamer Pakt. Es ist, wie Menschen die Tür zu öffnen, die davorstehen und die Hände voll haben.

Eine unbedingte Solidarität ist bedingungslos, also kein an ein Bedingungen geknüpftes Tauschgeschäft. Nein, wir sollten einander »Allierte« im Sinne der Literaturwissenschaftlerin bell hooks sein, die mit-fühlen und sich für andere und ihre Anliegen starkmachen auch ohne eine eigene Betroffenheit. Was dich angeht, geht mich an, aber du sprichst für dich. Wir sollten uns als Werdende und nicht als Seiende verstehen. Als Lernende. Auch ich bin währen ich hier spreche im Denken nicht fertig. Es ist eine Momentaufnahme meiner Gedanken darüber, wie gemeinsam an einer gerechteren Welt gebaut werden könnte. Für mich ist das eine inklusive, in der wir wir alle in unserer Art nicht nur unterschiedlich sein können, sondern genau das ihre Schönheit ausmacht.