Rassismuskritisch durch das Theologiestudium

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Das ist eines unserer Ziele, an denen wir arbeiten. Wir: Das ist die Basisgruppe The*logie. Wir haben uns vor etwa 2 Jahren gegründet und sind eine unabhängige, linke, basisdemokratische Hochschulgruppe aus Menschen, die an der Theologischen Fakultät Göttingen studieren. Wir begreifen uns als christlich-theologisch, queerfeministisch, antifaschistisch, antirassistisch und stehen postkolonialistischen- und Herrschaftsstrukturen kritisch gegenüber.

Als Basisgruppe möchten wir eine offene, niedrigschwellige Struktur für alle Menschen, die sich in diesem Sinne engagieren wollen, bieten. Wir setzen uns (selbst-)kritisch mit der Schuldgeschichte von Theologie und Kirche auseinander. Innerhalb der Theologischen Fakultät Göttingen arbeiten wir an einer höheren Diversität in den Inhalten und Strukturen der Lehre und wollen für gesamtgesellschaftliche Missstände sensibilisieren. Außerhalb der Uni beteiligen wir uns an den politischen Kämpfen für eine solidarische Gesellschaft frei von Rassismus, Faschismus, Antisemitismus und jeglichen anderen Formen von Diskriminierung. Wir sind überzeugt: Theologie sollte sich ihrer politischen Dimension bewusst sein, denn jede theologische Positionierung hat eine politische Konsequenz!

Im Rahmen der Einführungsphase der neuen Studierenden im letzten Wintersemester haben wir einen Workshop zum Thema „Rassismuskritisch durch das Theologiestudium gehen“ veranstaltet, um Studierende von Beginn des Studiums an auf das Thema Rassismus aufmerksam zu machen. Von der Referentin Analucia Löschcke Centeno, einer Heidelberger Theologie-Studentin, durften auch wir selbst dabei viel lernen:

Theologie: Objektiv und universal? Wir sagen: Nein! Das kann sie gar nicht sein. Rassismus ist in der Gesellschaft verankert und betrifft deshalb auch die Theologie. Unser jeweiliger Kontext, unsere Social Location beeinflusst unser Denken und prägt unsere Theologie. Deshalb kann Theologie, kann jede Wissenschaft nicht rein objektiv sein, weil sie von Subjekten in verschiedensten Kontexten mit persönlichen Erfahrungen betrieben wird. Universal kann Theologie danach ebenfalls nicht sein. Denn sie entsteht immer zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Situation, wovon sie nicht gelöst werden darf. Sie kann deswegen nicht allgemeingültig sein. Klassisch werden z.B. Schwarze-, Feministische-, Queere-, Disabled-, Befreiungstheologien als Kontextuelle Theologien bezeichnet. Diese betonen ihren spezifischen Kontext und machen transparent, dass sie aus diesem Kontext heraus Theologie treiben. Aber: Jede Theologie ist kontextuelle Theologie. Dessen müssen wir uns bewusst werden. Dazu brauchen wir eine rassismuskritische Kultur in unseren Fachbereichen, und nicht nur in den theologischen. Diese Kultur muss unter anderem in der Dezentralisierung von Weißsein bestehen, in besserer Zugänglichkeit von Wissen sowie einer Zuhör- und Entschuldigungskultur. Fehler werden gemacht. Wichtig ist, um Vergebung zu bitten und zu vergeben, damit aus Fehlern gelernt wird und aus diesem Prozess etwas Gutes wachsen kann. Das geht nur in einem sensiblen Umgang miteinander, indem wir jedem Menschen mit Respekt und Wertschätzung begegnen und den Dialog nie aufgeben. Wir als Basisgruppe versuchen, immer wieder darauf aufmerksam zu machen.

Für einen Vortrag zu post-kolonialer Exegese der Bibel durften wir 2019 Prof. Dr. Marie-Theres Wacker von der Katholisch-Theologischen Fakultät Münster in Göttingen begrüßen. Sie hat Grundlagen einer Exegese vorgestellt, die darüber nachdenkt, wie die Bibel nach den Erfahrungen der Kolonialzeit mit besonderer Berücksichtigung dessen gelesen und ausgelegt werden kann. Wir bieten eine Anlaufstelle für Menschen, die Diskriminierung erfahren oder Probleme/Auffälligkeiten beobachtet haben. Gerade in den Online-Semestern sind vermehrt diskriminierende Strukturen deutlich sichtbar geworden. Das hängt auch damit zusammen, dass in vielen Formaten der Online-Lehre ganze Namen zu erkennen sind. Nicht selten passiert es da, dass von einem Namen auf eine gewisse Herkunft geschlossen wird. Die Hemmung für Kommentare/Nachfragen sinkt online. Besonders in kleineren sog. Breakout-Räumen kommen diskriminierende Kommentare häufiger unbemerkt vor. Wir versuchen, auf diese Gefahren der (Online-)Lehre den Finger zu legen und ermutigen, sich in solchen Problemsituationen solidarisch zu verhalten.

Unser politisches und gesellschaftliches Engagement verbinden wir auch ganz konkret mit unserer christlichen Glaubenspraxis: Vor einigen Wochen fand beispielsweise eine von uns gestaltete politische Andacht zu Pfingsten statt. Unter dem Titel: „Was ist unsere Mission?“ haben wir uns mit der problematischen Geschichte der Mission und einem zeitgemäßeren Missionsverständnis auseinandergesetzt. Auch die unterschiedlichen Geistesgaben, vor allem die häufig übersehenen, und postkolonialistische Elemente wurden passend zu Pfingsten mitbedacht. Für das kommende Wintersemester planen wir gemeinsam mit dem Basisgruppen-Bündnis der Uni Göttingen eine Vortragsreihe zum Thema „Klasse“. Aus den jeweils unterschiedlichen Fachrichtungen werden wir uns mit dem Thema in vielerlei Hinsicht befassen. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es heute immer noch zum Teil erhebliche Klassenunterschiede in unserer Gesellschaft gibt, nur oft unter anderem Namen verschleiert. Theologie und Kirche müssen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen und dürfen Rassismus keine Chance geben!

Wenn du mehr über uns oder darüber, was wir so machen, erfahren möchtest, findest du uns bei Instagram: theo_basisgruppe oder schreib uns eine Mail an: bgtheo-goe@riseup.net

Solidarische Grüße Die Basisgruppe Thelogie