White Saviorism Teil 5

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Gründe bloß keine NGO!

Ich komme auf das Thema Entwicklungshilfe, aber vorweg zwei Ansagen:

  1. Gründe niemals selber eine NGO! Egal für wie kompetent Du dich hältst, und wie leid dir Kinder in Afrika oder sonstwo tun! Das bringt nichts! Gar nichts! Du bist vermutlich nicht kompetent und die Menschen, denen geholfen werden sollen, wollen deine Hilfe nicht. Ist hart, ist aber so!
  2. Wenn du nun davon abgelassen hast eine eigene NGO zu gründen und trotzdem was Gutes tun willst, dann spende auf keinen Fall an eine Organisation, die damit wirbt, keine Verwaltungskosten zu haben. Wie Oma immer sagte: „Was nichts kostet, ist auch nichts!“

Gute Arbeit braucht Expert*innen, die auch von was leben müssen. Eine Gruppe von Expert*innen braucht eine Verwaltung, die ebenfalls von was leben müssen.

Diese beiden Punkte haben ganz viel mit dem Thema zu tun!

Ich nehme wieder die VEM als Beispiel, stellvertretend für viele andere Organisationen, die ähnlich unterwegs sind:

Als VEM unterstützen wir auch Projekte in unseren Mitgliedskirchen , die als typische Entwicklungshilfeprojekte durchgehen würden.

Bei uns ist Grundsatz, dass alle Projekte von den Menschen vor Ort entwickelt werden müssen. Die Ideen müssen vor Ort entstehen, ansonsten sind wir raus. Wir glauben fest daran, dass die Menschen vor Ort am besten wissen, was gebraucht wird und welches Ergebnis in den jeweiligen Kontext passt. Wie es in der Seelsorge ja auch immer heißt: Jede*r ist zunächst Expert*in für das eigene Problem.

Bei der VEM können alle Mitglieder Anträge auf finanzielle Unterstützung, aber auch auf Expertise im Projektmanagement oder auf Personal oder anderes stellen. Wir können sie dann mit allem unterstützen, was eine solche internationale Gemeinschaft zur Verfügung hat.

Wenn wir Expertise oder Personal entsenden, wird ein Profil erstellt und in der gesamten Gemeinschaft wird geschaut, wo wir die Ressourcen finden. Es bietet sich beispielsweise an, dass, wenn eine Expert*in für Katastrophenmanagement gesucht wird, wir eine Person dort suchen, wo mit Katastrophen Erfahrungen gemacht wurden. Für eine Fortbildung in Kamerun zum Thema Katastrophenmanagement) wurden beispielsweise Expert*innen aus Indonesien geholt.

Es gibt ja dieses Beispiel vom Brunnenbau. Brunnenbau funktioniert beim Fundraising übrigens immer sehr gut, weil es so plausibel ist.

Im Beispiel steht der neue Brunnen direkt neben der Kirche, auf einem Platz, quasi im Zentrum der Siedlung. So wie wir das in Mitteleuropa kennen. Der Brunnen ist neben der Kirche so eine Art Zentrum. 

Da der Brunnen im Rahmen eines Workcamps (mit weißen jungen Erwachsenen) entstanden ist, wurde der Brunnenbau medial gut ausgeschlachtet und hat sicherlich viel Reputation für die „weißen Retter*innen“ gebracht.

Problem ist aber: Der Brunnen wird nicht wirklich genutzt, denn die zentrale Lage ist nicht ideal. Durch den Brunnen, fallen der Weg zum Wasserholen weg und damit die Möglichkeit zum sozialen Austausch. Der neue Brunnen verhindert außerdem die natürliche Begegnung mit Menschen aus anderen Dorfgemeinschaften und den damit verbundenen Austausch über das, was so los ist in der Region.

Solche Fehler passieren in der Entwicklungshilfe, wenn man als weißer Retter die Menschen vor Ort nicht fragt, was sie eigentlich brauchen. Hätte man die Menschen vor Ort gefragt, wie das Wasserproblem gelöst werden soll und was vor allem wichtig ist, hätte man den Brunnen vermutlich woanders gebohrt.

  • Es gibt viele Beispiele u.a. auf Instagram, die Bilder vom Brunnenbau zeigen. Wenn du magst, dann such mal danach und lass die Bilder auf dich wirken. Sind Weiße mit auf den Fotos? Wie prominent sind die Geldgeber*innen platziert? Welche Rolle haben die Menschen vor Ort auf den Bildern? Gibt es kritische Stimmen? Sind Menschen vor Ort wirklich zu Wort gekommen? Oder haben weiße Menschen gleich auch noch die Dankesrede gehalten?

Fortsetzung folgt: Was kann man denn nun tun?

von Timo Pauler